„Freier Zugang zu den Rheinwiesen“ aus Umwelt- und Naturschutzsicht
Freitag, 19. Dezember 2008 12:31
Alter: 16 Jahre
Kategorie: Natur- und Umweltschutz
Ausschuss-Stellvertreter pro Hundehalter
So ist im Newsletter (Rundbrief) von SPD-Duisburg am 19.12.2008 der Kommentar des stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Umwelt und Grünflächen, Ratsherr Jürgen Peters, überschrieben. Er will die Rheinwiesen für Bürger mit und ohne Hunde freihalten. Selbst Hundehalter „…, verweist er auf die Probleme, denen sich Hundehalter ständig ausgesetzt sehen: ’Gerade in Großstädten ist es schwierig, Auslauf für seinen Hund zu finden. Die Rheinwiesen sind dafür wunderbar geeignet. Warum das auf einmal verboten werden soll, ist mir schleierhaft.’“ (S. 2)
Rheinwiesen im Interessen- und Nutzungskonflikt
In mehreren Beiträgen (u. a. WAZ Nr. 294/16.12.2008; Nr. 296/18.12.2008) berichtet T. Bolsmann von dem Streit zwischen hundeausführenden Spaziergängern und einem Schafzüchter als Pächter in den Homberger Rheinwiesen. „Die Rheinwiesen bleiben ’scha(r)fes’ Gelände …“ (WAZ Nr. 294).
Das waren sie schon immer und sie werden auch ein Gelände mit Interessen- und Nutzungskonflikten bleiben, wenn die Anwohner sich weiterhin nur als „Naturnutzer“ sehen. „Was will ich mit Natur, wenn ich nichts davon habe und alles eingezäunt ist“. (WAZ Nr. 175/29.07.1991). Diese und ähnliche wütende Bürgerstimmen lösten eine Ankündigung aus, den südlichen Teil des Deiches an der Roos für Spaziergänger zu sperren. Schon damals wandten sich Naturschutzvertreter gegen diese „Naturkonsum“-Haltung von Anwohnern. „Aber auch … Hundehalter, die ihre Lieblinge verbotener Weise von der Leine lassen, stören den empfindlichen Frieden.“ (WAZ Nr. 175/29.07.1991). Dabei war die Rechtslage schon damals eindeutig: „Hunde müssen auf den Rheinwiesen an der Leine geführt werden“. (WAZ Nr. 95/ 23.04.1992).
Mit der Hundesteuer ein Zugangsrecht erkauft?
Der SPD-Befürworter eines freien Zugangs für Hundehalter zu den Rheinwiesen mit weidenden Schafen hat eine sehr hohe Meinung von dem Verantwortungsbewusstsein und der Rücksichtnahme seiner Hundehalter/-innen. Selbst im Naturschutzgebiet Rheinaue Friemersheim ist - trotz Hinweisschildern an allen Zugängen - der angeleinte Hund eher die Ausnahme!
Dieses Fehlverhalten von unbelehrbaren Spaziergängern (die auf die Anleinpflicht hingewiesen, nicht oder mit aggressiver Ablehnung reagieren) hat Dr. Michael Kanther mit der notwendigen Schärfe festgehalten:
„Doch zu viele Hundehalter sind fest davon überzeugt, sie müssten amtliche Verbote nicht beachten und auf das Interesse anderer oder der Allgemeinheit nicht Rücksicht nehmen, weil sie ’ja Hundesteuer zahlten’.“ … „In den Köpfen dieser Menschen läuft etwas falsch. Wer der Allgemeinheit ungeniert zumutet, ihr Fehlverhalten zu ertragen, wird durch gutes Zureden nicht einsichtig. Es darf nicht mehr vorkommen, dass Schafe von Hunden in Angst versetzt oder gar verletzt werden. Das aber erreicht man nicht durch naive Appelle an die überwiegend unbelehrbaren Hundebesitzer. Hier hilft nur die Härte des Gesetzes.“ (WAZ Nr. 296/18.12.2008).
Kein Naturgenuss ohne vorhergehenden Naturschutz
Fehl-Nutzer von Naherholungsgebieten, speziell wenn diese unter Naturschutz stehen, zerstören diese oft ungewollt und auch gewollt (WAZ Nr. 267/13.11.1992). Sie bleiben nicht auf den ausgezeichneten Wegen, leinen ihre Hunde nicht an usw. Sinnvolle Schutzvorgaben werden nicht eingehalten, weil sie nicht überwacht und geahndet werden.
Schon vor 30 Jahren kostete das Verlassen der gekennzeichneten Wege im Schweizer Nationalpark (Graubünden) 300 Schweizer Franken; das waren 1978 fast 400,00 DM! Das Gebiet wurde von Rangern überwacht, die kein Fehlverhalten duldeten.
Die geschilderte, schädliche Natur-Ausnutzermentalität zeigte sich auch im Jahr 2004 bei den Planungen neuer Rad- und Wanderwege im Grenzbereich des alten Kruppgeländes (Logport) und der Rheinaue Friemersheim (Wochen-Anzeiger Nr. 34/28.04.2004). Ein neuer Radwanderweg sollte u. a. vom Logportgelände in das Naturschutzgebiet hinein gebaut werden. Landschaftsbeirat und BUND protestierten zugunsten des Naturschutzes; die Verwaltung zeigte sich hier einmal einsichtig und verzichtete auf den neuen Radweg.
Auch Landwirte, an hohen Erträgen in der Pflanzen- und Tierproduktion interessiert, zeigen sich oft mehr als uneinsichtig, wenn es die Belange von Umwelt- und Naturschutz zu berücksichtigen gilt. Immer wieder, so erneut in 1994 (NRZ Nr. 126/31.05.1995) wandten die letzten Landwirte sich gegen die ökologische Bewirtschaftung der Rheinaue Friemersheim. Inzwischen arbeitet auf dem denkmalgeschützten Werthschen Hof ein Biobauer. Mühsam setzt sich der ökologische Fortschritt durch.
Nutzungskonflikte im „Bruch“ und seinen Randgebieten
Ein extremes Beispiel für widerstreitende Nutzungsinteressen und daraus entstehende Nutzungskonflikte sind der Asterlager/Essenberger Bruch und die vorgelagerten linksrheinischen Flächen. Wenig hilfreich war es da, dass schon in 1998 im
Vorfeld der flächenintensiven, einseitigen Nutzung der Krupp-Freiflächen durch Logport der Sprecher der Rheinhausener SPD-Fraktion sich für die Langversion einer „Osttangente“ vom Krupp-Gelände bis zum Autobahnzubringer in Essenberg einsetzte (WAZ/11.08.1998). Erst viel später entbrannte „Der Kampf um die Osttangente“ (WAZ Nr. 159/12.07.2005), hier um die Kurzversion bis zur Brücke der Solidarität, in voller Schärfe. Zu Recht wandte sich der Naturschutzbund NRW (NABU) gegen diese „Zerstörerische Straßenplanung“ (WAZ Nr. 220/21.09.2005), die in bisher ungeahnter Schnelligkeit mit Logport-Mitteln geplant, gebaut und teilfinanziert (!), trotzdem landschaftszerstörende Realität wurde.
Es ist mehr Natur- und Umweltschutz möglich, als man glaubt!
So fasste Hans Kleer die jubiläumsreifen Erfolge (25 Jahre) des Rheinhausener Widerstandes gegen die Deponie Krupp-Rockelsberg (wurde geschlossen und renaturiert), gegen die stadtnahe Erweiterung der LINEG-Kläranlage (wurde nach Norden hin verlegt), gegen weitere Deponien im Essenberger Bruch (wurden ver-hindert bzw. später wieder abgetragen) zusammen (WAZ Nr. 169/24.07.2007).
Ähnlichen Widerstandswillen gegen die scheinbare Allmacht des Krupp-Konzerns (und anderer Großunternehmen) bewies der Technische Beigeordnete der Stadt Rheinhausen, Hans Weber-Bartold. Ihm sind Flächennutzungspläne zu verdanken, die wesentliche Teile Friemersheims und seines Rheinvorlandes vor dem Zugriff der Kruppschen Ausweitungspläne schützten (WAZ Nr. 68/20.03.1992). Krupp hat seinen Standort in Rheinhausen schon vor 15 Jahren aufgegeben. Das Dorfensemble Alt-Friemersheim und das Naturschutzgebiet Rheinaue Friemersheim bestehen zur Freude aller erholungssuchenden Menschen weiter.
Aber: Sie bestehen nur deswegen weiter, weil nicht jedem Nutzungsanspruch von Einzelpersonen und auch nicht von kapitalkräftigen Großunternehmen stattgegeben wurde. Behutsam nutzen können wir alle nur das Naturerbe, das wir vorher geschützt haben.
- Dateien:
- 20081219_freier_zugang_zu_den_rheinwiesen.pdf62 K
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